Odoo-Migration: 5 Eckpunkte, um die richtige Entscheidung zu treffen
Maxime Wiot
Odoo 14 ist in der Tat ein grosser Fortschritt und viele unserer Kunden erwägen den Einsatz dieser Version. Als langjähriger Gold-Partner bekommen wir auch immer wieder Anfragen, ein bestehendes Odoo-Projekt (das ursprünglich nicht von uns implementiert wurde) zu übernehmen und zu migrieren.
Der folgende Beitrag beschreibt die wichtigsten Elemente, die vor einem Odoo-Migrationsprojekt beachtet werden müssen.
1. Müssen Sie migrieren?
Ein grosser Vorteil von Odoo besteht darin, dass Sie nicht gezwungen sind auf eine höhere Hauptversion zu migrieren, was bei anderen Softwarelösungen nicht unbedingt der Fall ist.
Im Zusammenhang mit einer Odoo-Migration sollten Sie - neben der Tatsache, dass Sie immer auf dem neuesten Stand der Technik sein wollen - drei weitere Aspekte berücksichtigen:
- Ist Ihre aktuelle Odoo Version noch unter Wartung?
- Welche neuen Odoo-Funktionen sind im Standard verfügbar, von denen Sie profitieren könnten?
- Die Bedeutung der technischen Schuld.
Zu Punkt 1: Odoo unterstützt die letzten drei Hauptversionen (derzeit 14, 13 und 12), das heisst dass mit der Veröffentlichung der nächsten Version 15 (voraussichtlich im Oktober 2021) die Version 12 nicht mehr weiter unterstützt wird.
Zu Punkt 2: Camptocamp veröffentlicht jedes Jahr einen Blogbeitrag, in dem die wichtigsten Neuerungen und Entwicklungen der neuen Odoo-Version festgehalten werden (siehe Beiträge zu Odoo 14 und Odoo 13).
Der letzte Punkt bezieht sich auf den Begriff der “technischen Schuld”. Jeder IT-Spezialist würde Ihnen bestätigen: "Ja, eine Migration ist sinnvoll, um die technische Schuld zu minimieren".
In der Realität gilt: Je länger eine Software-Version im Einsatz ist, desto mehr unterliegt sie der Anhäufung spezifischer Entwicklungen (Fehlerkorrekturen, Hinzufügen neuer Funktionen etc.) und desto mehr weicht dieser Zustand vom Evolutionszyklus der Standardlösung ab. Die ideale Lösung ist es daher, diese “Schuld” nicht zu gross werden zu lassen. Mit der Zeit wird es nämlich immer mühsamer und kostspieliger, die individuellen Entwicklungen einer Software zu pflegen und für die nachfolgenden Versionen zu übernehmen.
Dies soll jedoch nicht heissen, dass keine spezifischen Entwicklungen vorgenommen werden sollen. Ganz im Gegenteil, angesichts der Flexibilität von Odoo wäre es schade, darauf zu verzichten.
Sie sollten jedoch in einem vernünftigen Rahmen gehalten und das Kosten-Nutzen Verhältnis stets im Auge behalten werden, damit Migrationen oft und kostengünstig durchgeführt werden können, und Sie als Kunde stets von den aktuellsten Innovationen profitieren können.
Achten Sie bei einem konkreten Projekt unbedingt darauf, dass Sie die versteckten Kosten und die Risiken, die mit dem Change Management in Ihrer Organisation verbunden sind, nicht vernachlässigen: Der menschliche Faktor bleibt der Schlüssel, auch über den technischen Aspekt hinaus.
2. Odoo Enterprise oder Odoo Community?
Nach diesem ersten Schritt stellt sich dann die Frage nach ihrer derzeitigen Odoo-Edition (Enterprise oder Community). In den neuesten Versionen können Sie dies im Tool einsehen, indem Sie auf "Konfiguration" klicken und bis zum unteren Ende der Seite scrollen.
Mit der Enterprise-Edition beinhaltet Ihr Wartungsvertrag die Möglichkeit, Ihre Odoo-Datenbank zu migrieren, um sie mit der nächsten von Ihnen gewählten Hauptversion kompatibel zu machen. Dies gilt jedoch nur für den Teil, der sich auf die Standardmodule bezieht (für den spezifischen Code und die zugehörigen Daten fallen zusätzliche Kosten an, diese finden Sie weiter unten).
Wenn Sie die Community-Edition im Einsatz haben, stehen Ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:
- Sie nutzen diesen Moment und steigen auf die umfangreiche Enterprise-Edition um, die zahlreiche zusätzliche Funktionen und Garantien durch Odoo umfasst
- Sie installieren die Datenbank der neuen Version von Grund auf neu und importieren die existierenden Daten (CSV oder SQL-Injection)
- Sie verschaffen sich einen Überblick über OpenUpgrade (falls sie technisch interessiert sind), um Ihre Datenbank zu migrieren (Open-Source-Migrationswerkzeug, das von der OCA vorgeschlagen wird)
3. Odoo SaaS, Odoo.sh oder On-Premise?
Wenn Sie die Community-Edition im Einsatz haben, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass Ihre Installation On-Premise läuft, d.h. weder gehostet noch von Odoo selbst bereitgestellt wird.
Was die Enterprise-Edition betrifft, verwenden Sie vielleicht die Odoo Online-Version im SaaS-Modus, die von Odoo selbst gehostet wird (Odoo Cloud). In diesem Fall können Sie sicher sein, dass kein nicht-standardisierter Quellcode auf Ihrer Odoo-Instanz vorhanden ist. Somit können Sie den Migrationsvorgang selbst durchführen, indem Sie der in der Odoo-Dokumentation beschriebenen Vorgehensweise folgen.
Die zweite Möglichkeit: Odoo wird auf Odoo.sh, der Odoo Cloud Plattform, gehostet. Odoo.sh ist umfangreicher als Odoo Online, da dort die Möglichkeit besteht, Nicht-Standard-Module, d.h. Community- und/oder spezifische Module, zu integrieren.
Die dritte Möglichkeit besteht darin, Odoo als managed Service oder im on-Premise-Modus einzusetzen:
- Ihre Odoo-Instanz läuft auf einer anderen Cloud-Plattform als der vom Hersteller (bspw. auf der Ihres Odoo-Integrators)
- Ihre Odoo-Instanz ist auf einem virtuellen Server auf einer Hosting-Plattform wie Azure, AWS oder Google Cloud installiert
- Ihre Odoo-Instanz befindet sich auf einem physischen Server, den Sie intern betreiben
4. Wie alt ist Ihre aktuelle Version?
Odoo veröffentlicht jedes Jahr eine neue Hauptversion.
Die Migration Ihrer Datenbank auf die aktuelle Version v14 ist weniger komplex, wenn Sie bereits eine vergleichsweise aktuelle Version (13, 12, 11) im Einsatz haben. Falls Sie eine ältere Version im Einsatz haben, erfordert dies aufgrund der erheblichen technischen Änderungen und funktionalen Weiterentwicklungen in der Regel ein anderes Vorgehen:
- wahlweise eine Rückkehr zum Standard
- oder eine Re-Architektur, wobei versucht wird, so oft wie möglich anerkannte Module der Odoo-Community zu verwenden.
Camptocamp empfiehlt bei Versionen bis v10 eine Re-Architektur, die sich erfahrungsgemäss als zielführender erwiesen hat.
5. Sind kundenspezifische Anpassungen vorhanden?
Bei einem Odoo-Projekt, das auf Odoo.sh, als managed Service oder im on-Premise-Modus gehostet wird, sind zunächst die Quantität, Qualität und Komplexität der implementierten Anpassungen zu ermitteln.
Wir können Anpassungen nach zwei Typologien unterscheiden: das Schreiben von zusätzlichem Quellcode auf der einen Seite und Konfigurationen über die Web-Oberfläche auf der anderen.
Nicht-Standard-Module sind nicht durch den Odoo Enterprise Garantievertrag abgedeckt. Sie können entwickelt worden sein:
- von Odoo, aber nur spezifisch für Sie;
- von einem Odoo-Partner, unabhängig davon, ob es sich um ein Community-Modul handelt, welches im Odoo Apps Store oder auf der OCA-Website verfügbar ist.
In der Regel ist ein technisch-funktionales Audit des Quellcodes bestimmter Module notwendig, um den benötigten Mehraufwand für die Implementierung dieser Anpassungen in der neuen Version abzuschätzen. Gleichzeitig kann dabei überprüft werden, ob der existierende Quellcode die Qualitätsstandards einhält.
Bei den Anpassungen, die direkt über die Weboberfläche vorgenommen werden, gibt es eine schlechte Praxis, die darin besteht, im Debug-Modus an den Ansichten und anderen Aspekten der Software "herumzuprobieren". Das ist zwar schnell umgesetzt, aber auf Dauer sehr instabil, unübersichtlich und in der Regel nicht dokumentiert. Normalerweise arbeiten weder der Hersteller noch ein anerkannter Odoo-Partner auf diese Weise.
Um die Qualität bestehender Anpassungen zu testen, können Sie wie folgt vorgehen:
- speichern Sie Ihre produktive Datenbank
- importieren Sie diese in eine Testinstanz
- stellen Sie eine Verbindung im Administratormodus her und aktivieren Sie den Entwicklermodus
- gehen Sie zu Apps, deaktivieren Sie die Filter und suchen Sie nach dem Basismodul (Odoo core) und klicken Sie auf "Upgrade" (dies dauert ein wenig)
- dieser Vorgang überschreibt alle "schlechten" Anpassungen und setzt alles auf den Standard zurück. Wenn danach Elemente verloren gehen, Veränderungen oder Fehler auftreten, dann wurden in Ihrer Instanz schlechte Anpassungen vorgenommen!
Was die guten Anpassungen betrifft, so sind diese meist mit dem leistungsstarken Modul Odoo Studio erstellt worden. Dadurch können diese isoliert und nachverfolgt werden und lassen sich bei einer Migration leichter zurücksetzen.
Fazit.
Insgesamt zeigt sich, dass die Migration einer Odoo Enterprise Edition mit wenigen bis gar keinen spezifischen Funktionen und einer nicht zu alten Version sehr einfach sein kann.
In komplexeren Fällen erfordert es viel Erfahrung eines Odoo-Integrators (nach unserer Einschätzung mindestens 10 Jahre Odoo-Erfahrung), um die Situation gut einzuschätzen und eine geeignete Strategie zu erarbeiten. Hier gibt es viele Möglichkeiten, bleiben Sie bei der Community-Version, wechseln Sie zu Enterprise oder erwägen Sie eine Re-Implementierung, vielleicht sogar mit einer neuen Bedarfsanalyse.
Kontaktieren Sie uns!
Zögern Sie bitte nicht, sich bei Fragen bzgl Ihres Migrationsprojektes mit uns in Verbindung zu setzen.
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